Mondo – über das Selbst
Das Symbol Yin und Yang steht für das dualistische Prinzip, das Prinzip der gegenseitigen Bedingung. Um die verschiedenen Ebenen der Schöpfung rückwärts bis zum Ursprung zu durchlaufen, muss ein Mensch Gleichgewicht zwischen Yin und Yang herstellen. Dieses Prinzip gilt auch für die Erforschung des Selbst. Auf dem Weg zum eigenen Selbst stellt sich zunächst einmal die Frage, was denn mit dem eigenen Selbst gemeint sein kann.
Viele Begriffe kennen wir ja schon aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, wie selbstständig, selbstlos, selbstredend etc.
Unsere Namensgebung gibt uns dabei eine ganz wesentliche Orientierung. Zwischen dem Vor- und Zunamen kann zwischen der weltlichen und überweltlichen Bestimmung unterschieden werden. Dabei steht der Nachname für die Tradition, unsere Herkunft, die Person die man seit der Geburt ist, die Gene und die gesellschaftliche Integration, also die überweltliche Bestimmung, während hingegen der Vorname für die weltliche Bestimmung steht – für die eigenen zur Entwicklung drängenden Anteile.
Das Bedingte und das Unbedingte durchziehen unser Wesen zu gleichen Teilen. Das, was wir in uns finden, diese Durchwebung von weltlicher und überweltlicher Bestimmung, gilt es auf der Suche nach unserem Selbst herauszufinden, unsere Bestimmung zusammengesetzt aus bedingten und unbedingten Voraussetzungen. Also können wir sagen, dass das unbedingte Wesen, das Weise, die Tradition auf der Suche ist, sich mit unserem Ich zu verbinden, mit dem bedingten Wesen dem weltlichen Aspekt unseres Seins. Vor- und Zuname sind wie Licht und unser Schatten, das eine bedingt das andere.
Ein Beispiel aus dem Tai Chi:
Frage: Schau einen Stock an – sein eines Ende ist Yin, das andere Yang. Welches ist wichtiger? Antwort: Der Stock selbst ist wichtig!
In den ersten Lebensjahren hat man noch das Reine, das Unbewusste, der so genannte „Sündenfall“ beginnt mit dem Erwachen des Bewusstseins, der unterscheidenden Ratio.
Ab ungefähr dem dritten Lebensjahr, nachdem der junge Mensch überwiegend aus dem lebte, was er tun will, fangen die Konflikte mit der Umwelt an. Die unterscheidende Ratio, das Bewusstsein, beginnt sich hauptsächlich in diesem Alter bis zum ungefähr neunten Lebensjahr zu entwickeln. In dieser Phase kann ein Mangel an Geborgenheit und Liebe und wenig Möglichkeit zum eigenen Ausdruck eine starke Selbsthemmung bedingen. Diese äußert sich dann in unbewusster Selbstbehinderung, Selbstabkapslung bis hin zur Selbstablehnung.
Manchmal kann es auch sein, dass man die Bestimmung des Selbst, des Seinwollens einfach nicht erkennt. Dann kann es sehr hilfreich sein, sich an magische Erlebnisse aus der Kindheit wieder zu erinnern. Eben solche Erinnerungen, die keinen rationalen Ursprung haben und sich manchmal anfühlen, als würde man mit offenen Augen und bei vollem Bewusstsein träumen.
In diesen „magischen“ Zuständen spürt man so etwas wie „wohin man möchte“, etwas zu dem man bestimmt ist, eine Klarheit der eigenen Position in dieser Welt. Meist werden solche Seinserfahrungen von Bestimmung durch Erlebnisse in der Natur, durch Düfte, Gerüche und bestimmte Orte im weitesten Sinne ausgelöst.
Die Erfahrung des Ich-Wesens, C.G. Jung (Carl Gustav Jung war ein Schweizer Mediziner und Psychologe und der Begründer der Analytischen Psychologie)
sprach von dem Eindruck, dass die Realität, die sich im Numinosen trifft (entsteht)?, Grundlage aller Religionen ist.
Das Numinose ist abgeleitet von ’numen‘ (lat. Wink), bezeichnet die Anwesenheit eines ‚gestaltlos Göttlichen‘. Das Numinose steht für die Sphäre des Heiligen, der geheimnisvollen, verborgenen, unnennbaren Wirklichkeit, die mit keiner Erscheinung vergleichbar ist. Das Numinose ist das „ganz Andere“.
Ein Urbild, das dem Menschen nach Carl Gustav Jung in den Träumen entgegentritt
Das überweltliche ist nur Eins (All-ein). Das überweltliche, das göttliche ist schon in uns vorhanden, in jeder Pflanze in jeder belebten Existenz steckt die ganze Bestimmungs-Information. Alle Information ist zur Entfaltung angelegt. Für uns Menschen gibt es die Religionen, um Orientierung und Grundinformationen über unsere Bestimmung zu erfahren.
Häufig hören wir, dass die Menschen auf der Suche sind. Näher betrachtet wäre es besser formuliert als ein „sich finden lassen wollen“, das uns letztlich die Türen zu einem besseren Verständnis öffnet.
Wenn wir transparent sind, nicht danach trachten unser Wesen suchen, sondern bereit sind, uns finden zu lassen, erkennbar zu sein und einfach durchlässig sind, ermöglicht uns dies, wahrhaft unserere Bestimmung zu finden.
Jesus Christus sprach: „ Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Letztendlich kann dies jeder von sich sagen, der gefunden werden möchte. Die Blume stellt sich nicht gegen ihre Bestimmung, sie entfaltet ihre ureigenste Form und Farbe. Der Mensch jedoch hat die Fähigkeit zum Bewusstsein, das auch als Erbsünde gesehen werden kann. Dies lässt die Absonderung von unserem Urwesen erst entstehen.
In allem Sichtbaren das Unsichtbare erkennen, die Inder sprechen da vom dem „Schleier der Maya“, der sich über alle Materie legt und erst das lüften, also hinter die Welt der materiellen Dinge zu blicken, lässt uns die unsichtbaren Prinzipien erkennen und uns zu einem komplexeren Verständnis kommen , über das Sichtbare wie das Unsichtbare. Die östlichen Weisheiten sind der Versuch uns die unsichtbaren Realitäten zu beschreiben. Letztendlich ist die einfache Akzeptanz der Schlüssel zu einem tieferen Verstehen der Dinge. Die Ratio und das unterscheidende Bewusstsein, das ordnen und einordnen, stehen einem weit reichendem Verstehen im Wege.
Zugegeben haben uns unsere Ratiobefähigungen gerade in den letzten Jahrhunderten zu zahlreichen Errungenschaften in Wissenschaft und Technik geführt. Allerdings haben sie uns auch von einem umfassenden Menschenbild entfernen lassen.
Das, was der Mensch fähig ist, von innen zu erfassen, das ist Religion. Licht und Schatten sind eins, wenn man der Betrachtung folgen kann, das der Schatten den der Baum auf den Boden wirft, nur das verhinderte Licht der Sonne auf dem Boden ist. Also ist der Schatten nichts anderes als das „verhinderte auftreffen wollen“ des Lichts.
Die Sehnsucht des Selbst, die Unbedingtheit des erkennen wollens des eigenen Urgrundes,
lässt uns unsere Wesen erforschen wollen. Alle Materie war schon immer da in unzähligen Variationen und Zusammensetzungen, bei den Erfahrungen des Transzentalen gehen wir über uns hinaus, wir wachsen förmlich über das hinaus, was uns die Ratio in den Weg gelegt hat.
Es ist wichtig zu versuchen diese Erlebnisse zu behalten und dann weiter daran anzuknüpfen. Dies hilft uns um aus der „Ich“- Fixierung herauszukommen und das Selbst zu entfalten, um dann Person zu werden. Das Wort „personare“, das hindurchtönende, das transparente. Diese Personwerdung, die Entfaltung des Selbst und von diesen Erlebnissen zu zeugen, das macht das Leben sinnvoll und führt zum eigentlichen Sinn.
Von diesen Erlebnissen zu zeugen und damit zur Person werden, sichtbar und gleichzeitig transparent für andere zu sein macht uns zu dem, zu dem wir bestimmt sind. Der zu sein, der man ist. Das Zeugen heisst soviel wie das, was man macht strahlen zu lassen. Und das, was man macht, strahlt das eigene Wesen aus. Alles wird voneinander bedingt, deswegen kann man auch sagen: Jeder ist abhängig von Jedem.
Zu dieser Art Innenschau eignet sich der Budo-Weg gut. Die Vollendung der Technik bedeutet einen Schritt weiter zu sich zu kommen. Die Technik vollenden wollen, heißt sich mehr kümmern zu müssen, damit das Ich verschwindet. Das „Ich“, das einer vollendeten Ausführung der Übung im Wege steht.
„Wenn du irgendwo hingehst, wo du Buddha nicht findest, geh weiter. Wenn du irgendwo hin gehst, wo du Buddha findest, lauf erst recht weiter.“
Dies bedeutet nichts anderes, als dass man auf dem Weg keiner Anhaftung hingeben sollte. Die Übung ist der Weg und das Ziel ist der Weg.
Was unterscheidet den Meister vom Schüler? Eigentlich gar nichts, denn wenn Du Dich Schüler nennst, bist du ja schon da wo der Lehrer ist, auf dem WEG (bei der Übung).
DER WEG „IST“der WEG!
Was anderes gibt es NICHT!
Außerdem ist es ratsam, immer etwas wenig weniger zu tun, sich vorzunehmen, als man fähig ist zu tun. Vorsätze die man sich selbst macht, sollte man auch erfüllen. Die Freiheit sollte beibehalten werden, indem sich bewusst gemacht wird, dass der Geist an sich frei ist, doch dass wir die Verantwortung für die Entscheidungen tragen.
Die Übungen sind nicht schwer. Es ist jedoch schwer ein Übender zu werden.
Ein Gedicht noch von Armin Dörfler zum Abschluss!
Alles im Universum was da ist – wirkt erst dadurch wie Du bist! Darum öffne voll Liebe DEIN Herz! Denn mein Lieber,das macht keinen Schmerz! Nein! Denn sonst ist ALLES was da ist und DU bist am Ende Allein und nichts!
Ishinden shin- Von Herz zu Herz