Taikai 96 Amsterdam

Katana‚ Tachi, To

Wie „Taikai“ genau ins Deutsche übersetzt werden kann, weiß ich leider nicht, aber es
ist jedesmal ein Ereignis besonderer Art, einige Tage, die man in besonderer
Atmosphäre verbringt.

Dieses Mal reisten über 400 Schüler aus 24 Nationen an, um am Unterricht des Soke

teilzunehmen. Eine Gelegenheit für alle, den Großmeister Masaaki Hatsumi real zu
eneben.

Alle trafen sich in einem Kongresszentrum, etwas außerhalb Amsterdams. Dadurch
und durch die gute Organisation wurden uns lange Wege zwischen den Trainings-
einheiten, dem Essen und dem Hotelzimmer erspart. So konnte man sich voll auf das
Wesentliche konzentrieren, also entspannen.

Der Unterricht wird vom Soke auf japanisch gehalten. Dies geschieht in der Absicht,
alles so original wie möglich zu vermitteln und weiterhin zu zeigen, daß die Sprache
selbst Nebensache wird. Sehen, fühlen und üben genügen völlig um zu verstehen.
Zwar wird auch simultan ins Englische übersetzt, doch hinkt dies dem Gezeigten
stets hinterher.

Über Hatsumi selbst wurde schon im Sanmyaku und vielen Büchern sehr viel
geschrieben, so daß man Gefahr läuft, sich in Wiederholungen zu verlieren. Jeder
sollte sich von diesem Phänomen einen eigenen Eindruck verschaffen.

Dreieinhalb Tage zeigte er mit spielerischer Leichtigkeit Schwertkampf und Taijutsu in
Perfektion.
Und wir sahen zu und übten drei Tage. Mir verging die Zeit wie im Flug.

In den Pausen und zu den Mahlzeiten hatte man Gelegenheit, mit Freunden und
Bekannten von vorhergehenden Taikai’s oder anderen Seminaren zu sprechen. Doch
am Ende des ersten Tages fielen wohl alle, nicht zuletzt wegen der Anreise,
erschöpft in ihre Betten. Am Abend des nächsten Tages gab es zusätzlich noch eine
Videovorführung zum Thema „Bisento und Naginata“ mit begleitenden Kommentaren
durch den Soke. Leider war ich, wie viele meiner Sitznachbarn auch, zu diesem
Zeitpunkt physisch nur noch begrenzt aufnahmefähig.

Tagsüber hatte der Godan-Test zum 5. Dan stattgefunden. l4 Schüler unterzogen
sich dieser Prüfung; Zuschauer sind nur ab 5. Dan oder darüber zugelassen. Am
nächsten Tag wurden uns alle erfolgreichen Teilnehmer vorgestellt, wobei der Soke
ihnen eröffnete, daß seine besondere Aufmerksamkeit nunmehr Ihnen gelte. Dies

bedeutete auch, daß jeder neue 5. Dan ausreichend Gelegenheit erhielt, bisher
Erfahrenes vorzuführen.

Der letzte Abend war für die Taikai-Party reserviert: großes Essen mit Musik und
Tanz. Nach dem offiziellen Teil zeigte Sensei Hatsumi, daß ein Meister der
Kampfkunst sich auf jedem Parkett zu bewegen weiß.

Zuerst überraschte er uns mit einer soliden Gesangseinlage, danach war eine
Engländerin so unvorsichtig, den Soke um einen Tanz zu bitten. Offensichtlich hatte
sie sich auf einen gemütlichen Walzer eingestellt, statt dessen wurde ihr
Erfahrungsschatz bezüglich des Elementes „Fu“ nicht unbedeutend erweitert.
Gegen Ende der Feier mischte sich Sensei „unters Volk“ und der eine oder andere
hatte Gelegenheit, ihn aus nächster Nähe zu erleben oder ein paar Worte mit ihm zu
wechseln und auch bei dieser Gelegenheit die besondere Aura dieses Mannes
wahrzunehmen.

Selbstverständlich machten wir, also Armin, „Jutta, Dirk und ich und ein paar
„Frankfurter“, einen Ausflug nach Amsterdam. Wir gingen nicht in die erstbeste
Kneipe, nein, zuerst fanden wir ein Lokal, das wohl vor uns noch kein Mensch
betreten äh, oder so. Als nächstes wählten wir zielsicher ein Lokal in dem Weiße
nicht bedient werden. Vierzehn Mann gehen hinein, kurz darauf gehen vierzehn Mann

wieder raus. Nachdem wir dann noch einige Einheimische erschreckt hatten, konnten
wir doch noch einige Getränke in unsere Gewalt bringen.

Doch zurück zum Taikai. Für alle, die noch keine Möglichkeit hatten, mit dem Soke zu
trainieren: Der Aufwand und die Kosten werden im Nachhinein sehr gering
erscheinen für dieses Erlebnis.

Für mich war es das zweite Taikai, und obwohl man immer geneigt ist, Vergleiche zu
ziehen, ist dies eigentlich nicht möglich. „Jedes Taikai ist einmalig. Es erscheint
jedesmal neu, gleichzeitig aber bleibt die Kernaussage, die Botschaft gleich. Aber
letztlich ist es wohl der Stand der eigenen Entwicklung, wie und was alles man von
dem Wissen und der Erfahrung, die vermittelt werden, aufnehmen kann.

Dieter Jägerhuber