Leben -> Sterben -> Leben

Shihan = der Alte, der Sterbende

So wie die Seele von der Geburt des Kindes zum Alter wandert, so geht diese beim Tod in ähnlicher Weise in einen anderen Körper. Die Selbstverwirklichung der Seele ist durch einen solchen Wechsel nicht verwirrt. Jeder wird irgendwann verstehen, daß sich sein Körper während seines Lebens wandelt, so wie seine Seele. Wir verwandeln uns täglich, meist ohne es zu merken.

Die okkulteste Wandlung hierbei ist der Tod. Jedoch ist dieses Ereignis und alle ähnlich anwendbaren Dinge durch unsere tägliche Abwehr so sehr aus unserem Leben hinausgedrängt worden, daß die Sinne mit denen wir sie fassen könnten, verkümmert sind. Der Tod ist ein Tabu geworden, man will nichts davon hören. Man will nicht einmal mehr das Wort aussprechen. Man will durch den Tod nicht am Leben gehindert werden. Sterben oder Tod, das betrifft immer nur die anderen. Unser Leben ist so diesseitig (jenseitig) geworden, daß das Jenseitige (Diesseitige) keinen Platz mehr hat.

Wir wollen nicht wissen, daß schon die Geburt der Beginn des Sterbens ist, nein wir leben so, als würden wir immer jung und gesund bleiben. Wir haben alle dieses Denken von der Unsterblichkeit. Darum erscheint uns der Tod schrecklich, weil wir ihn verdrängen wollen. Zu leben hat man vielleicht teilweise gelernt, aber zu sterben? Sterben wird heute mit Drogen gebändigt, es muß sauber, lautlos und schnell gehen. Anders der Bushi / Samurei. Er wird von Kind an mit dem Tod vertraut gemacht und hat deshalb auch keine Angst (scheinbar) beim Kampf. lm Buddhismus ist dies ein wichtiger Bestandteil, der sich auch im Christentum wiederfindet. So haben wir auf jeder Kerze in der Kirche oder in der Bibel schon das Alpha + Omega
(A + E / Adam + Eva / In + Yo)

Man muß mit dem Tod leben! Dazu bedarf es des Umdenkens, des Begreifens, daß der Tod etwas natürliches ist. Die Sterbenden bedürfen der Lebenden, werden wir das je begreifen?

Erfülltes Leben, das bedeutet (ist) Freundschaft, Liebe… und auch die Freundschaft mit dem Tod zu schließen, mit dem treuesten Bruder, dem einzigen, der uns nie vergißt. Rikyu hatte seinen Glauben verloren, als er am Sterbebett seines Sohnes weilte. Sein Sohn bat ihn, seine Hand zu halten und sagte: „Wenn DU bei MIR bist habe ich keine Angst und keine Schmerzen mehr.“ Dann, als es dem Ende zu ging, sang Rikyu ein Lied. Der Sohn sagte, er solle weiter singen. Der Vater hielt den Sohn fest umschlungen. Er merkte nach einer weile, daß der Sohn eingeschlafen ist. Er sah ihn sich näher an und stellte fest, daß er einen tiefen und ruhigen Schlaf hält. Aber es war kein irdischer Schlaf. Sanft, mit einem glücklichen Lächeln war er gegangen.

Nicht jedem Menschen ist solch ein Sterben vergönnt, aber es wäre jedem von ganzem Herzen zu wünschen. Wenn wir den Tod enttabuisieren, ihn wieder in unser Leben mit einbeziehen, können auch wir wieder würdig sterben. ES LIEGT AN UNS, WIE WIR STERBEN. WIE WIR LEBEN, SO STERBEN WIR. Im Arm eines Freundes und geborgen in Liebe, oder allein in einem sterilen Raum mit einem Schlauch in der Nase, nichts mehr wissend, ohne BEWUßTSElN. Vielleicht haben wir ja vorher noch die Hoffnung, daß Sterben Übergang in ein neues Werden ist. Im Angesicht des Todes sind alle gleich, weder hoch noch tief, weder reich noch arm. Es zählt nur die Freundschaft, die man hatte und die Liebe, die man gab und wieder zurückbekam.

Jeden Morgen erwacht eine Maus. Um zu leben muß sie rennen. „Jeden Morgen erwacht auch eine Katze. Sie muß flink sein um zu leben. Für beide gilt: Gehe, bewege dich. Jeder Morgen ist ein neues Leben, ein neuer Anfang. Man ist wiedergeboren, ein neuer Mensch. Also lebe, bewege, gehe, liebe, helfe!

Vergiß nicht: Der Morgen stirbt nie / Tomorrow never dies (uralter Spruch von Shihan, Neuauflage von Bond 007)